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AG 60plus Rhein-Neckar

60 plus Heilbronn: Bedeutende Köpfe in der Heilbronner SPD

Aus dem Parteileben

Beim Jahresabschlusstreffen 2022 der SPD-Arbeitsgemeinschaft 60 plus Heilbronn
Stadt & Land in der Gaststätte Jahnheide am See porträtierte die Diplom-Volkswirtin
Dr. Elke Schulz-Hanßen drei bekannte sozialdemokratische Heilbronner
Persönlichkeiten anhand von Beiträgen in der Schriftenreihe des Stadtarchivs über
„Heilbronner Köpfe“, und zwar von Abraham Gumbel, Anna Ziegler und Friedrich
Niethammer. Wie die Referentin erläuterte, erfasst diese Stadtarchiv-
Publikationsreihe bislang 152 Heilbronner Personen („die schon tot sein müssen“)
aus Gesellschaft, Politik, Kultur und Wirtschaft, darunter „nur“ 25 Frauen.


Abraham Gumbel: Sozialdemokrat, Bankier, Friedensaktivist
Er wurde am 21. Oktober 1851 in Stein am Kocher in einer dort seit 1725 bezeugten
jüdischen Familie geboren. Er folgte 1861 seinem Bruder nach Heilbronn, wo sie
gegen eine recht hohe Aufnahmegebühr das Heilbronner Bürgerrecht erhielten.
Gumbel arbeitete nach dem Abitur als Kommissionär im Bankgeschäft seines Vaters.
Politisch aktiv wurde Abraham Gumbel, als er den 1872 gegründeten
sozialdemokratischen Ortsverein Heilbronn, zusammen mit dem Gründungsmitglied,
Gustav Kittler, ausbaute. Wegen seinem Engagement u.a. gegen die
Sozialistengesetze, entzog er sich 1878 der Verhaftung durch Umzug zuerst nach
Reutlingen, später nach Paris. Als Abraham Gumbel 1887 in das Bankgeschäft
seines 64jähigen Vaters eintrat, trat er aus der SPD aus, blieb aber bei seiner
sozialdemokratischen Gesinnung und unterstützte lebenslang Heilbronner SPDGenossen.
1891 übernahm er die Bank, nach Heirat 1889 betrieb er ab 1907 mit
seiner Ehefrau Elise das Bank- und Wechselgeschäft „Gumbel am Markt“, aus dem
dann 1909 die Gründung des genossenschaftlich geführten „Heilbronner Bankverein“
als GmbH hervorging, Vorgängerinstitut der Heilbronner Volksbank. Abraham
Gumbel starb am 25. Dezember 1930, hatte also den Niedergang der Weimarer
Republik nicht mehr erlebt und nicht die Machtübernahme der Nazis.
Obwohl 1930 die Nazis in Heilbronn noch bedeutungslos waren, hatte Abraham
Gumbel vor ihnen gewarnt.

Anna Ziegler, erste Heilbronnerin im Gemeinderat und im Reichstag
In Backnang 1882 geboren, nach der Volksschule in Frankfurt als Dienstmädchen
verdingt und lernt 1906 ihren Mann, einen Gewerkschaftsfunktionär kennen. Nach
der Heirat im selben Jahr tritt sie in die SPD ein, schließt sich 1915 der USPD an.
Über Hannover und Bremerhaven kommen die Zieglers nach Heilbronn, wo Anna bei
der Kommunalwahl 1919 in den Gemeinderat gewählt wird – als erste Frau. Bei der
Reichstagswahl kandidiert sie für den Wahlkreis 34 (Württemberg) und wird im
Juni 1920 ebenfalls als erste Frau gewählt, erneut im Dezember 1922. In Berlin
engagierte sie sich eher noch mehr als in Heilbronn, wechselt nach der ersten
Legislatur von der USPD in die SPD-Fraktion und schließlich 1923 zur KPD. 
Nach der Scheidung von ihrem Mann gibt sie dann auf eigenen Wunsch ihre
politischen Mandate auf, nimmt wieder ihren Mädchennamen an, zieht zuerst nach
Leipzig, 1938 wieder in ihre Geburtsstadt Backnang. 1942 stirbt sie in einem
Krankenhaus in Schwäbisch-Hall an Krebs.

Friedrich Niethammer, Staatsanwalt und verdienstvoller Heilbronner Stadtrat
Auch Friedrich Niethammer, der viele Jahre für das Gesicht der Heilbronner SPD
stand, war kein geborener Heilbronner. Er wurde 1942 in Ludwigsbug geboren. Sein
Vater war als Berufsoffizier vermisst, seine Mutter zog mit vier Kindern nach Calw.
Nach dem Abitur wollte er eigentlich etwas Kulturelles anfangen; schließlich war er
ein Urururenkel des Arztes und Dichters Justinus Kerner, doch wandte er sich dem
Jura-Studium zu, er wurde Richter. Friedrich Niethammer war 1967 in die SPD
eingetreten und entschied sich 1970 zum beruflichen Wechsel nach Heilbronn.
Schon bei seiner ersten Nominierung für den Heilbronner Gemeinderat 1971 wurde
er gewählt und in der nächsten Periode SPD-Fraktionsvorsitzender, ab 1977 auch
ehrenamtlicher Stellvertreter des jeweiligen Oberbürgermeisters.
Dr. Elke Schulz-Hanßen, die zehn Jahre lang mit Friedrich Niethammer im
Gemeinderat war, spricht von ihm von einem gebildeten, intelligenten und integren
Menschen, ein wahrer Staatsanwalt, ein kühler, strategischer Kopf, der seine
Anliegen, Ideen und Vorhaben geschickt zu platzieren und meist auch durchzusetzen
vermochte. Bei der Oberbürgermeisterwahl 1991 trat Friedrich Niethammer gegen
Amtsinhaber Dr. Manfred Weinmann von der CDU an, unterlag jedoch. Mit seinem
Namen sind viele Heilbronner Themen seines 25jährigen Wirkens verbunden:
Jugendzentrum, Theaterneubau, Bildungslandschaft, Eingemeindungen, Stadtbahn,
Regionalverband und besonders die Proteste gegen und Turbulenzen um den
Pershing Standort Waldheide. Friedrich Niethammer starb viel zu früh am
15. Juli 1996. Drei Tage vor seinem Tod wurde er im Krankenbett mit der
Ehrenbürgerwürde der Stadt Heilbronn ausgezeichnet. Eine Straße wurde zum
Andenken nach ihm benannt.

(hs/s.b.)

 

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